08. Juni 2021 – Das Bundesverwaltungsgericht hält die Feststellung der Bedarfssätze nach dem BAföG für nicht verfassungskonform. Die GEW sieht sich in ihrer Forderung nach einer BAföG-Reform bestärkt und rät deshalb allen Studierenden, die BAföG beziehen, dem letzten Bafög-Bescheid zu widersprechen.
Einen Tag vor der Live-Konferenz der GEW zur Bundestagswahl „Wissenschaftspolitik auf dem Prüfstand“ hat das Bundesverwaltungsgericht Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Feststellung der Bedarfssätze nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) angemeldet – und damit die Politiker*innen der Großen Koalition unter Druck gesetzt.
Der stellvertretende Vorsitzende und Hochschulexperte der GEW, Andreas Keller, sieht in der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts eine „schallende Ohrfeige“ für die Hochschulpolitik der Bundesregierung, die jetzt schnell reagieren müsse.
„Eine umfasssende BAföG-Reform gehört daher in das 100-Tage-Programm der neuen Regierungskoalition.“ (Andreas Keller)
„Seit seinem Inkrafttreten vor 50 Jahren wurde die Ausbildungsförderung regelrecht heruntergewirtschaftet. Wurden 1971 noch 45 Prozent aller Studierenden mit einem Vollzuschuss gefördert, sind es heute nur noch elf Prozent – und die Hälfte der Förderung muss später zurückgezahlt werden. Eine umfasssende BAföG-Reform gehört daher in das 100-Tage-Programm der neuen Regierungskoalition“, sagte Keller.
Nach Überzeugung des Leipziger Bundesgerichts ist die Festlegung des BAföG-Bedarfssatzes nicht mit dem „verfassungsrechtlichen Teilhaberecht auf gleichberechtigten Zugang zu staatlichen Ausbildungsangeboten“ vereinbar, heißt in der Pressemitteilung. Eine schriftliche Urteilsbegründung liegt noch nicht vor. Da das Bundesverwaltungsgericht selbst Gesetze nicht für verfassungswidrig erklären darf, hat es eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht beschlossen. Das letzte Wort haben jetzt die obersten Richter*innen in Karlsruhe.
Musterschreiben für Widerspruch
Ihren studentischen Mitgliedern empfiehlt die GEW, jetzt Widerspruch gegen ihren letzten BAföG-Bewilligungsbescheid einzulegen. Auf diese Weise können Ansprüche auf BAföG-Nachzahlungen für den Fall gesichert werden, dass das Bundesverfassungsgericht der Argumentation des Bundesverwaltungsgericht folgt und das Gesetz in seiner jetzigen Fassung kippt. GEW-Mitglieder können ein Musterschreiben für einen Widerspruch an die zuständige BAföG-Behörde herunterladen. Darüber hinaus können sie sich kostenlos von der Rechtsstelle ihres Landesverbands beraten lassen.